Unter Verwendung des ABC des selbstbestimmten Lebens von ISL e.V.
Der Begriff Ableism setzt sich zusammen aus able (to be able = fähig sein) und –ism (= Endung für geschlossene Gedankensysteme). Ableism ist die Beurteilung von Körper und Geist anhand von Fähigkeiten – die Bewertung eines Menschen entscheidet sich dabei danach, was sie oder er „kann“ oder „nicht kann“. Damit ist Ableism auch eine Form des Biologismus, ein Bewertungsmuster anhand einer erwünschten biologischen (körperlichen oder geistigen) Norm. Der Mensch wird reduziert auf und gemessen an seiner körperlichen oder geistigen Verfassung: Sie bestimmt ihn als ganzen Menschen, „macht ihn aus“.
Definition nach Rebecca Maskos: „Bist Du behindert oder was?!“ Behinderung, Ableism und souveräne Bürger_innen. Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Jenseits der Geschlechtergrenzen“ der AG Queer Studies und der Ringvorlesung „Behinderung ohne Behinderte!? Perspektiven der Disability Studies“, Universität Hamburg, 14.12.2011
Barrierefrei ist ein mehrdimensionaler Begriff, der Ende der 80er Jahre in die rele-vanten DIN-Normen und Bauordnungen der Bundesländer Eingang fand. Im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) des Bundes vom 1. Mai 2002 wurde der Begriff in § 4 dann erstmals gesetzlich definiert. Er findet sich fast wortgleich in allen Landesgleichstellungsgesetzen für Menschen mit Behinderungen:
„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“
Im Zuge einer Novellierung des BGG müsste die Definition von Barrierefreiheit aber um den Bereich der Dienste / Dienstleistungen erweitert werden. Barrierefreiheit muss ferner für alle Formen von Beeinträchtigungen gesichert werden, etwa auch für
Menschen mit Lernschwierigkeiten (Leichte Sprache!) oder mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen.
Eine Behinderung liegt vor bei Menschen mit langfristigen Beeinträchtigungen, wenn sie in dem Wechselverhältnis mit verschiedenen Barrieren in der gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt sind. Langfristig ist ein Zeitraum von voraussichtlich länger als 6 Monaten. Eine Beeinträchtigung ist die Auswirkung der auf einer gesundheitlichen Schädigung beruhenden Einschränkung einer körperlichen Funktion, geistigen Fähigkeit, seelischen Gesundheit oder Sinneswahrnehmung im Wechselverhältnis zu üblichen Anforderungen.
Anerkennung, Respekt
Ich bin es mir Wert, Ich bin wertvoll, Ich muss keine Bevormundung hinnehmen
Ich habe das Recht, so akzeptiert/anerkannt zu werden, wie ich bin
Ich weiß, was ich brauche und welche Bedarfe ich habe.
Jeder Mensch besitzt die Fähigkeit, sich zu entwickeln
Was kann ich gut? Wie kann ich meine Stärken wiedererlangen?
Ich entwickle Vertrauen in die eigene Kraft. Was habe ich bisher in meinem Leben geschafft?
Bezeichnet die Reaktion eines Menschen auf die Emotionen eines anderen Menschen.
Man kann zwischen kognitiver und emotionaler Empathie unterscheiden: „Kognitive Empathie lässt uns erkennen, was ein anderer fühlt. Emotionale Empathie lässt uns fühlen, was der andere fühlt.“ (Paul Ekmann)
Das Wort Empowerment entstammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Ermächtigung“ oder „Befähigung“. Das Konzept steht in enger Verbindung zu den Bürgerrechtsbewegungen der 1960er Jahre, der Frauen- und Independent-Living-Bewegung im Protest gegen Unterdrückung und Fremdbestimmung. Empowerment meint die Stärkung, Aktivierung und (Wieder-)Entdeckung der eigenen Fähigkeiten, Stärken und Kräfte mit dem Ziel, das eigene Leben selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu führen und die persönlichen Interessen selbst zu vertreten.
Wie kann ich mir selbst eine eigene Meinung bilden?
Wer darf mir Vorschriften machen?
Wie kann ich mich besser durchsetzen?
Wann traue ich es mir zu, eigene Entscheidungen zu treffen und was brauche ich dafür?
Bewusst „Nein“ oder/ und „Ja“ sagen
In Abgrenzung zur Integration meint das Konzept der Inklusion eine Gesellschaft, die in ihren Rahmenbedingungen und Strukturen so gestaltet ist, dass alle Menschen in ihrer Verschiedenheit gleichberechtigt zu ihr dazugehören, ohne besondere Leistungen der Anpassung vollbringen zu müssen. Die Umsetzung von Inklusion setzt voraus, dass die Umwelt und Strukturen barrierefrei sind. Inklusion ist dann verwirklicht, wenn jeder Mensch in seiner Individualität akzeptiert ist und überall partizipieren kann. In der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Inklusion tragendes Konzept und kommt explizit im Artikel 24* zum Thema Bildung zum Ausdruck.
* Die abgestimmte deutsche Übersetzung der UN-BRK übersetzte das englische Wort „Inclusion“ aus der Originalfassung fälschlicherweise mit „Integration“. Folgendes ist ein Auszug von Art. 24 aus der deutschen „Schattenübersetzung“ der Konvention: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel, die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken (…)" (Artikel 24, UN-BRK)
Politische Partizipation ist allgemein die Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. Partizipation ist mehr als die Möglichkeit bei Entscheidungen dabei zu sein. Partizipation ist qualifizierte Berücksichtigung der Interessen z. B. behinderter Menschen an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen.
Dieser Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet „gleichrangig“ oder „gleichgestellt“. In jedem Fall haben Peers etwas Gemeinsames und begegnen sich auf Augenhöhe.
„Counseling“ kommt aus dem Englischen und bedeutet Beratung. Peer Counseling (die Beratung Betroffener durch ähnlich Betroffene) ist eine klar strukturierte Methode, die in einer qualifizierenden Weiterbildung erlernt wird, bevor die Berater*innen ihre Beratungstätigkeit beginnen.
„Support“ kommt aus dem Englischen und bedeutet Unterstützung. Beim Peer Support unterstützen sich ähnlich betroffene Menschen gegenseitig, ohne dass weitere Qualifikationen vorliegen müssen. Peer Support umfasst informelle Hilfe, allgemeine Information und Ratschläge, die unter Peers gegeben werden. Peer Support ist somit vergleichbar mit dem klassischen Verständnis von Selbsthilfe. In der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichten sich die Vertragsstaaten in zwei Artikeln, Peer Support zu realisieren: in Art. 24 (Bildung) und in Art. 26 (Habilitation und Rehabilitation).
Das ideale Leben gibt es nicht.
Gerade Behinderung und Krankheit stellen uns vor viele Probleme, davon haben ein Teil mit meiner Behinderung zu tun und der andere mit den Reaktionen und Barrieren meiner Umwelt/Umgebung.
Wie kann ich es schaffen, die Hausforderung anzunehmen?
Welche Probleme sind lösbar, welche nicht? Wie kann ich den Unterschied herausfinden?
Bezeichnet die psychische Widerstandskraft und die Befähigung Lebenskrisen zu bewältigen.
Resiliente Personen haben gelernt, dass sie es sind, die über ihr eigenes Schicksal bestimmen. Sie vertrauen nicht auf Glück oder Zufall, sondern nehmen die Dinge selbst in die Hand. Sie ergreifen Möglichkeiten, wenn sie sich bieten. Sie haben ein realistisches Bild von ihren Fähigkeiten.
Allerdings ist Resilienz kein Allheilmittel gegen Krisen und Probleme aller Art.
Das Konzept der Salutogenese wurde vom Medizinsoziologen Aaron Antonovsky entwickelt. Damit begründet er einen inhaltlichen Perspektivenwechsel in der Medizin: Die etablierte "Pathogenese" beschäftigt sich mit der Entstehung von Krankheiten. Die "Salutogenese" hingegen erforscht die Entstehung von Gesundheit. So fragt die Pathogenese „Was macht Menschen krank?“ „Was geht nicht?“ „Welche Risikofaktoren gibt es?“ Die Salutogenese hingegen beschäftigt sich mit den Fragen „Was erhält Menschen gesund?“ „Was geht?“ „Welche Ressourcen gibt es?“ Während die Pathogenese also eher dem defizitorientierten Denken verhaftet ist, konzentriert sich die Salutogenese auf die Kompetenzen und Ressourcen der Menschen. Die Salutogenese will die traditionelle Medizin nicht ersetzen, sondern ergänzen. Sie ist quasi das Gegenmodell zur Pathogenese, eine Perspektive, die bislang fehlte.
Selbstbestimmt Leben heißt, Kontrolle über das eigene Leben zu haben, basierend auf der Wahlmöglichkeit zwischen akzeptablen Alternativen, die die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer bei der Bewältigung des Alltags minimieren. Das schließt das Recht ein, seine eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu können, an dem öffentlichen Leben in der Gemeinde teilzuhaben, verschiedenste soziale Rollen wahrzunehmen und Entscheidungen selbst fällen zu können, ohne dabei in die psychologische oder körperliche Abhängigkeit anderer zu geraten. Selbstbestimmung ist ein relatives Konzept, das jeder persönlich für sich bestimmen muss.
DeLoach C.P., R.D. Wilins, G.W. Walker: Independent Living – Philosophy, Process and Services. Baltimore, 1983, S. 64. Übersetzung: Horst Frehe
Ich kenne meine Rechte
Ich habe die Fähigkeit, über mein Leben selbst bestimmen.
Ich werde das tun, was mir gut tut.
Ich kann Grenzen setzen und Horizonte öffnen.
Selbstvertretung im Behindertenbereich bedeutet, dass behinderte Menschen sich selbst vertreten und ihre Interessen nicht durch Haupt- oder Ehrenamtliche ohne Behinderung vertreten lassen. Jeder Mensch kann die eigenen Interessen vertreten, wenn er oder sie die notwendige Assistenz und Unterstützung dafür erhält.
Das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (Convention on the Rights of Persons with Disabilities – CRPD) ist ein Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, das am 13. Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen wurde und am 3. Mai 2008 in Kraft getreten ist. Die Zivilgesellschaft war in ihrer Entstehung eng miteingebunden unter dem Motto „Nichts über uns ohne uns!“. In Deutschland gilt sie seit 2009 und hat den Rang eines Bundesgesetzes (gilt für Bund, Länder und Gemeinden).
Die UN-Behindertenrechtskonvention beinhaltet – neben der Bekräftigung allgemeiner Menschenrechte auch für behinderte Menschen – eine Vielzahl spezieller, auf die Lebenssituation behinderter Menschen abgestimmte Regelungen.
Die UN-BRK läutet mit ihren Prinzipien der gleichberechtigten Teilhabe, Empowerment, Inklusion, Selbstbestimmung und Partizipation einen Perspektivenwechsel ein.
Das Leben mit einer Behinderung oder einer chronischen Krankheit kann dazu führen, dass ich mich als Machtlos erlebe Ich fühle ich meiner Krankheit und meiner Umgebung machtlos ausgeliefert und bin auf dem besten Wege zu resignieren. Selbsthilfegruppen können hier etwas außerordentlich Wichtiges leisten. Sie geben Verständnis und Unterstützung unter Gleichbetroffenen. Es vermittelt sich das Gefühl, es geht nicht nur mir so, andere haben auch einen Weg zurück ins Leben gefunden. Empowerment Angebote knüpfen an die Arbeit der Selbsthilfegruppen an und können ein ganz spezielles Gruppenangebot bieten, das alle Gruppenmitglieder darin ermutigt und stärkt, Kontrolle über das eigene Leben entweder zurück zu erlangen oder zu behalten.